Konzentrationslager

In der ehemaligen Turenne Kaserne eröffneten die Nationalsozialisten am 10. März 1933 ein so genanntes Schutzhaft- und Arbeitslager. Das Lager zählt zu den frühen Konzentrationslagern. Es diente dem verbrecherischen Nazi-Regime zur Einschüchterung seiner politischen Gegner und als Ausgrenzungsinstrument insbesondere der jüdischen Mitbürger. Das Lager bestand für wenige Wochen im März und April 1933. In dieser Zeit wurden hier, nach heutigem Stand der Forschung, mehr als 500 Männer aus mehr als 80 Gemeinden in der Pfalz sowie eine Frau gefangen gehalten und misshandelt.

Der Ort

Die Turenne Kaserne

Die Turenne-Kaserne wurde von der französischen Besatzungsmacht nach dem Ersten Weltkrieg errichtet. Der Bau, nach einem Plan des Architekten und Regierungsbaurates Theodor Bossert, begann 1923.

Die Kaserne bot den französischen Besatzer ausreichend Raum für die Unterbringung von Soldaten, Werkstätten und Stallungen. Nach Fertigstellung der Gebäude waren etwa 2000 Soldaten und etwa 500 Pferde in der Kaserne stationiert.

In dem damaligen Kasernengefängnis ist heute die Gedenkstätte untergebracht.

Gedenkstätte Neustadt an der Weinstraße. Turenne Kaserne
Die Häftlinge

Die Aufarbeitung – Von den Anfängen bis Heute

Logo der Gedenkstätte für NS-Opfer in Neustadt.
Frühe Aufarbeitung

Das frühe Konzentrationslager Neustadt galt in der Mehrheitsgesellschaft jahrzehntelang als vergessen. Insbesondere ab den 1980ern Jahren begannen Einzelne die Geschichte des Lagers aufzuarbeiten, interviewten noch lebende ehemalige Häftlinge und ihre Angehörigen, sichteten Lokalzeitungen aus der NS-Zeit, sammelten Quellen. Zu diesen Pionieren der Erinnerungs- und Gedenkarbeit zählen u.a. der Neustadter Historiker Dr. Gerhard Wunder, und die Heimatforscher Karl Fücks, Heiko Müller und Hermann Morweiser.

In den 1990er Jahren wurden mit Jugendlichen der Martin-Luther-Kirche, unter der Leitung des Religionspädagogen Eberhard Dittus, erlebnispädagogische Projekte durchgeführt. Die Ergebnisse eines dieser Projekte sind in der Broschüre „Das Geheimnis der Versöhnung ist Erinnerung – Neustadt 1933 bis 1945 – eine Spurensuche zu Stätten des Leidens, der Verfolgung, des Terrors und Widerstands“ dokumentiert.

Logo der Gedenkstätte für NS-Opfer in Neustadt.
Anlass zur Vereinsgründung

In Kenntnis über die außerschulische Bildungsarbeit von Herrn Dittus wandte sich im August 2000 Frau Johanna Kolewa an diesen und übergab ihm die „Liste der Insassen des Konzentrationslagers Neustadt a.d. Haardt (Kaserne) im März 1933“. Die Liste befand sich im Nachlass ihres Vaters, Johann Molter, der im Frühjahr 1933 Häftling im Lager Neustadt war. Insgesamt umfasst diese Liste 336 Namen aus mehr als 80 Pfälzer Gemeinden. Sie bildete nunmehr die Grundlage für weitere Forschungsarbeiten, die im November 2009 zur Gründung des „Förderverein Gedenkstätte Neustadt e.V.“ und am 10. März 2013 zur Eröffnung der Gedenkstätte für NS-Opfer in Neustadt führte.

Im Rahmen von Studien zum Konzentrationslagersystem und zur Stadtgeschichte verfassten Martina Ruppert-Kelly und Hans-Georg Meyer mit Kerstin Roth wissenschaftliche Aufsätze über das frühe Konzentrationslager Neustadt. Explizit im Vorfeld der Eröffnung der Gedenkstätte wertete der Historiker Stefan Jamin auf Basis der Häftlingsliste erstmals umfangreich die lagerinternen Unterlagen (H90 58), die Gestapobestände (H91) und Entnazifzierungsbestände (R18) zu den jeweiligen namentlich bekannten Häftlingen sowie die Akten zum Nachkriegsprozess (J72 330 und 332) im Landesarchiv Speyer aus. Momentan widmet sich Miriam Breß in ihrer Promotion den „Schutzhaftgefangenen 1933/1934 in der Pfalz“. Darüber hinaus fanden im Rahmen der Mitgliederversammlungen des Fördervereins etliche historische und pädagogische Vorträge statt.

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Unterstützung

Zusätzliche bekamen wir Unterstützung von zahlreichen Landkreisen, Städten und Gemeinden in RLP bezüglich unserer Anfragen zu einzelnen Häftlingen. Insbesondere stellten uns aber vor allem zahlreiche Angehörige Material über ihre Väter, Großväter und Urgroßväter zur Verfügung. Hierfür danken wir recht herzlich. Hinsichtlich der Forschungsarbeiten gilt unser besonderer Dank Herrn Dr. Walter Rummel, dem Direktor des Landesarchivs Speyer und seinen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, die uns großzügig unterstützt haben. Natürlich aber auch allen anderen Archiven, an denen Personen über das frühe Konzentrationslager Neustadt forschten, wie dem Archiv für Soziale Demokratie in Bonn und den Stadtarchiven Neustadt und Landau.

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Namen der Opfer in der Gedenkstätte Neustadt
Die Täter

Mittelbar und unmittelbar

Die Täter – ein Begriff, den wir im Zusammenhang mit dem 3. Reich bis vor einigen Jahren sehr ungern gesehen haben. Natürlich haben wir die großen Täter immer vor Augen. Jeder kennt sie, und ihr Leben ist oft bis in den kleinsten Winkel ausgeleuchtet. Diese großen Täter haben sogar durch ihren Bekanntheitsgrad vielen Fernsehformaten zu einiger Berühmtheit verholfen, selbst wenn dort deren Leben oft nur schlaglichtartig beleuchtet und modernen dramaturgischen Kunstgriffen unterworfen wurde. Die Liste der großen Täter ist nicht wirklich lang, im Gegensatz zu der Liste der Opfer. Es sollte sofort auffallen, dass die Wenigen nicht imstande gewesen sein konnten, die Vielen zu unterjochen oder zu opfern. Dazu bedarf es unzähliger Helfer. Das ist es, was zumindest in Westdeutschland bis zum Fall der Mauer oft nicht angesprochen wurde: Die unzähligen Helfer, Mitläufer, Überzeugten. Ohne diese Menge wären die „Großen“ nicht so weit gekommen.

Die Dokumente dieser Seite verdanken wir zum größten Teil dem Landesarchiv Speyer. Die meisten Dokumente sind dort archiviert unter den Signaturen H90, H91, R18 und J72.

Zeitdokumente

Presseartikel, Interviews, Chroniken, Tagebücher

Auf der verlinkten Unterseite finden Sie Zeitdokumente aller Art aus jener Zeit.

Diese Zeitdokumente (Texte) und die Tagebücher aus dem Jahr 1933 verdanken wir dem Stadtarchiv Neustadt an der Weinstraße.