Neustadt 1933 – 1945
„Das Geheimnis der Versöhnung ist Erinnerung“
Diese Worte sind auf dem Mahnmal zu lesen, das seit 1995 auf dem Neustadter Hauptfriedhof steht. Es erinnert an die Neustadter Bürgerinnen und Bürger jüdischen Glaubens, die am 22. Oktober 1940 mit weiteren 850 Pfälzer Juden ins südfranzösische Konzentrationslager Gurs deportiert wurden. Sie wurden Opfer des national(sozial)istischen Terrorregimes. Sie wurden erschlagen und erschossen oder sind bereits im ersten Winter erfroren oder verhungert. Wer die Zeit im Lager Gurs überlebte und nicht fliehen konnte, wurde in die Vernichtungslager Auschwitz, Majdanek, Treblinka oder Theresienstadt deportiert.
Wir haben diese Worte als Titel gewählt, weil wir die Erinnerung an die Opfer wachhalten wollen. Wir sind es den Menschen schuldig, dass wir nicht vergessen, was ihnen angetan wurde. Wir dürfen aber auch nicht vergessen, wer die Täter waren: es waren Menschen, die angaben, dass sie nur ihre „Pflicht getan“ haben. Sie waren eingebunden in die Strukturen der damaligen Gesellschaft, der Wirtschaft und der Politik. Sie haben, ebenso wie die Opfer, in dieser Stadt gelebt und gearbeitet.
Wie im ganzen Land, so wurden auch in Neustadt Gebäude, Plätze und Straßen zu Stätten des Leidens, der Verfolgung, des Terrors und des Widerstandes. Einige davon haben wir exemplarisch angeführt. Wir wollen damit einen Beitrag liefern, dass die Ereignisse in den Jahren zwischen 1933 und 1945 auch in Neustadt nicht vergessen werden.
Obwohl wir kein Geschichtsbuch geschrieben haben, können wir uns vorstellen, dass u.a. damit auch lokaler Geschichtsunterricht „begreifbar“ gemacht werden könnte. Wer heute durch Neustadt geht, kann fast nichts mehr sehen und erfahren, was an diese dunkelste Zeit in der Stadtgeschichte erinnert. Es scheint so, als solle Gras darüber wachsen. Selbst an einem so geschichtlich bedeutsamen Gebäude wie der Villa Böhm (heute Museum, damals Sitz der Gauleitung) ist heute lediglich ein Raum dieser Zeit gewidmet. Ein anderes Beispiel ist die ehemalige Nachrichten- oder auch Turenne-Kaserne. Diese war zeitweise als Konzentrations- oder Arbeitslager genutzt. Als drittes Beispiel ist der immer noch fehlende Gedenkstein zu nennen, der an die ehemaligen Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen erinnert. Lediglich auf dem Hauptfriedhof findet sich ein kleiner Grabstein der an ein 14-jähriges polnisches Zwangsarbeitermädchen erinnert. Es wäre wünschenswert, dass die politisch Verantwortlichen nach geeigneten Möglichkeiten suchen, die Erinnerung an die Vergangenheit wachzuhalten, damit sich die Geschichte in der Zukunft nie mehr wiederholt!
Sollten Sie, lieber Leser, liebe Leserin, zusätzliche Informationen besitzen oder Vorschläge zur Verbesserung haben, würden wir uns über Rückmeldungen sehr freuen. Per Telefon (0 63 21) 39 89 34 oder Email.
Neustadt a.d. Weinstr., den 9. November 1998
Eberhard Dittus
Was finden Sie wo? Die Übersicht …
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Ämter | Behörden | Partei
Rathaus, Gauleitung, Gaukulturamt, Gestapo, Reichspropaganda-Amt, Deutsche Arbeitsfront (DAF), Amtsgericht & Gefängnis, Nachrichten-Kaserne, Zwangsarbeitslager, Kreisleitung NSDAP, SS-Dienststelle, HJ-Zentrale, Kurt-Faber-Haus, NSZ-Verlagshaus
Öffentliche Gebäude
Gewerkschaftshaus, Parteilokale, Bahnhof, Saalbau, Stadion, Kurhaus Kohler, Jugendherberge, Pfarrhaus ‚St. Marien‘, Alte Winzinger Kirche
Straßen | Plätze
Marktplatz, Platz der SA, ‚Ochsenplatz‚, Friedhof, Häuser-Reihe, Kriegerdenkmal, Weinstraßenstein, Umbenennungen von …
Stätten jüdischer Mitbürger
Synagoge, Jüdische Schule, ‚Matzen-Bäcker‚, Jüdisches Altenheim, Israelitischer Friedhof
Quellenangaben aller Informationen
Berzel, Gerhard: Neustadt an der Weinstraße, Meininger Verlag
Dietrich, Werner: In der Einigkeit liegt die Kraft, 1991, IG-Metall Neustadt
Dittus, Eberhard: Projekt „DENKMAL“, Arbeitsstelle Friedensdienst der Ev.Kirche der Pfalz, Speyer
Fücks, Karl: Antifaschistisches Privatarchiv Fücks
Karl u. Jäger Michael: Synagogen der Pfälzer Juden, 1988, Edesheim
Kaiser, Josef: Das Schicksal der Jüdischen Bürger aus Neustadt 1939-1945
Kogon, Eugen: Der SS-Staat, Heyne
Kuby, Alfred: Pfalz. Judentum gestern und heute, 1992, Verlag Pfalzische Post
Landeszentrale für politische Bildung RP: Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus
Mohrweiser, Hermann: Antifaschistisches Privatarchiv, Ludwigshafen
Pehle, Walter u. Benz, Wolfgang: Lexikon des deutschen Widerstandes, Fischer
Reichrath, Hans L., Diehl, Ludwig, Evangelischer Presseverlag, Speyer
Schädler, Rolf: Stadtarchiv Neustadt an der Weinstraße
Westrich, Claus-Peter: Stadtarchiv Neustadt an der Weinstraße
Wunder, Gerhard, Dr.: Die Sozialdemokratie in Neustadt a.d.W., Verlag Pfalzische Post
Ziegler, Hannes u. Nestler, Gerhard: Die Pfalz unterm Hakenkreuz, Pfalzische Verlagsanstalt
Habermehl, Paul und Schmidt-Häbel Hilde: Vorbei – Nie ist es vorbei, Historischer Verein der Pfalz, Bez.-Gruppe Neustadt, 2005
Alle Fotos außer individuell bezeichnete:
Berzel, Dittus, Fücks, Schädler, Stadtarchiv
Unser herzlicher Dank für Fotos, gute Hinweise und Ratschläge gilt besonders:
Dieter Basch, Gerhard Berzel, Roland Paul, Rolf Schädler, Walter Warstat, Dr. Gerhard Wunder, Karl Fücks, Heiko Müller
Quellenangaben zum Historischen Kontext:
Deutsches Museum München, Internetprojekt
Die Holocaust-Referenz von Jürgen Langowski
Bibliographisches Lexikon zum Dritten Reich von Herman Weiß (nur noch über ein Antiquariat zu beziehen, ersatzweise ist folgende Lektüre zu empfehlen:
Personenlexikon zum Dritten Reich, Paul Klee
Anatomie des SS-Staates, Gutachten zum Auschwitz-Prozess, Deutscher Taschenbuch Verlag